Leben oder Überleben (2017-)

Der Kampf ums tägliche Leben und Gerechtigkeit

Dieses letzte Kapitel handelt von meiner Rentenzeit und wird stetig fortgeschrieben. Es handelt auch vom Ende einer Republik wie ich sie kannte, und es handelt vom Ende einer Kanzlerschaft, die massgeblich dazu beigetragen hat. Nämlich der Kanzlerin Merkel, der Rautenkanzlerin, die so viele Krisen gemeistert hat, aber das Land nicht einen Meter voran gebracht hat, visionslos, auf der Stelle trippelnd, nicht fortschrittsfeindlich, ihn aber auch nicht fördernd. Eine Frau, die pragmatisch immer das Mögliche versucht hat, aber nie mit harten Bandagen das Neue durchgeboxt hat. Schmidt und Kohl waren ähnlich, und man wundert sich wirklich, wie es sein kann, dass so ein überbürokratisiertes, verkrustetes und gespaltenes Land die viertgrösste Volkswirtschaft der Welt sein kann. Einerseits Überdemokratie – jeder will und darf um alles mitreden, es gibt endlose Planungs- und Genehmigungsverfahren. Andererseits Züge von Autokratie und Hinterzimmer-Gesetzgebung. Und ein Volk von Gutmenschen, Besserwissern und alten Betonköpfen, die noch heute meinen, ihre Meinung steht über allem und jeder habe sich dem zu beugen. Dazwischen Islamistengefährder und Weltverbesserer mit Kindsgesicht (Greta Thunberg und Luisa Neubauer). Alles in allem eine Melange, die einem eigentlich das Auswandern nahelegt, gemäss einem Englischen Sprichwort „Love it or leave it“. Nur, wo ist es besser? Die Welt insgesamt ist im Aufruhr und bedroht von den Folgen der Klimakrise. Die man aber nicht durch Abschalten von einem Dutzend deutschen Kohlekraftwerken löst (siehe Thunberg, Neubauer). Es sind vor allem naive junge Mädchen in der „Fridays for Future“-Bewegung, die zwar das Problem erkannt haben, aber keinerlei Lösungen anbieten, ausser medienwirksam mit einem Segelschnellboot über den Atlantik zu schippern……

2016 war also glanzlos und mal wieder allein zu Ende gegangen. Nikita hatte in der Vorweihnachtszeit einen Job als Paketzusteller bei DHL gemacht, der auch noch in den Januar hinein ging, aber dann leider nicht verlängert wurde. Allerdings erfolgte die Auszahlung des Gehaltes erst im Januar 2017, was wir wahrheitsgemäss dem Jobcenter belegten. Das hatte zur Folge, dass uns für den Dezember 2016 der volle Hartz 4 – Satz für Nikita zustand. Da hatten sich dann die Bürokraten mal selbst reingelegt! Die Rentenberechnungen dauerten ewig, obwohl rechtzeitig beantragt; nur die Schweiz war in der Lage, das innerhalb weniger Wochen noch im alten Jahr zu ent- und bescheiden, was gleich wieder die Neugierde des Jobcenters geweckt hat, welche ich aber barsch zurück wies. Was ich im neuen Jahr – ohne Hartz 4 – an Rente bekomme, geht die überhaupt nichts an. Insgesamt ein Haufen von Überbürokraten, ohne Empathie, ohne Verständnis für unsere spezielle Situation, was sie sogar zugaben. „Einen Fall wie Ihren haben wir noch nie gehabt“. Ein Auswuchs der menschenverachtenden Hartz-Gesetzgebung unter Kanzler Schröder, den ich dafür auch hasse, und eines entfesselten Turbokapitalismus. Pfui Teufel, Deutschland!

Da die Rentenbescheidung und -Auszahlung so lange dauert, muss ich schon wieder einen Kredit über 3.000 € bei Sohn Volker aufnehmen, um über die Runden zu kommen, zumal Hartz im Voraus, die Rente aber seit einigen Jahren nachgeordnet ausgezahlt wird. Löbliche Ausnahme: die (allerdings sehr kleine) VBL-Rente aus dem Öffentlichen Dienst für meine Uni-Jahre und die Schweizer Rente, die immer schon etwa um den 06.-09. eines Monats überwiesen wird; die grössere gesetzliche und die Betriebsrente allerding am Ende des Monats. Aus dem (verunglückten) Engagement in einem kommunalen Krankenhaus steht mir eine Mini-Betriebsrente zu, die als einmalige Abfindung bezahlt wird. Und bei allen Renten wird ein 9,3%iger Abschlag vorgenommen, obwohl ich mit über 35 Berufsjahren in den Ruhestand gehen darf. So saniert sich dieser Staat, und die Kleinen haben das Nachsehen, während die Grossen über Lobbyismus die Gesetzgebung beeinflussen. Dafür fliessen dann hohe Summen als Parteispenden. Und da zeigen wir auf andere Staaten! Wenn das nicht kriminell ist, weiss ich nicht.

Ende März sind wir dann mit allen Renten langsam soweit; viel Papierkrieg, Nachhaken, Diskutieren, schliesslich noch Korrektur der Steuerklassen. Das Endergebnis ist eine Summe von 4 Renten auf Armutsniveau, etwa 100 Euro über unserem vorigen Hartz-Satz. Und das nach 35 Jahren Arbeit als Akademiker auf teilweise höchstem Lohnniveau, jedenfalls für die Rente; dort gilt ja eine Beitragsbemessungsgrenze. Eine Schande für diesen angeblich so reichen Staat, der seine kleinen Bürger regelrecht knechtet mit einem Abgabensatz von etwa 50% (Steuern, Rente, Krankenkasse). Mir fällt ehrlich gesagt nichts mehr ein zu diesem Deutschen Assozialstaat.

Nikita versucht einen Ausbildungsplatz zu bekommen und hat schliesslich bei Talke, einem Logistik-Unternehmen in Ludwigshafen Glück. Allerdings beginnt das Ausbildungsjahr in Rheinland-Pfalz schon im August, nicht erst im September wie in Baden-Württemberg. Es gibt so viele Ungereimtheiten im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland, viel schlimmere Auswirkungen werden sich ein paar Jahre später zeigen. Die alliierten Kriegsgewinner wollten ein schwaches Deutschland, deshalb haben sie ihm bei der Geburt der Republik ein föderales System mit vielen Teilzuständigkeiten aufgezwungen. Dass diese Strukturen nicht mehr zeitgemäss sind, haben inzwischen auch die letzten erkannt, die Korrekturen erfolgen aber in Trippelschritten, weil für verfassungsändernde Massnahmen immer eine 2/3-Mehrheit nötig ist und es natürlich immer Verlierer gibt, die sich wehren. Für Nikita heisst das vor allem einmal, dass er seinen vor Ausbildungsbeginn geplanten Odessa-Urlaub vorzieht, was Folgen haben wird.

Die eigentlich gewonnene Statusfeststellung bei der DRV in Berlin entpuppt sich auch als Pyrrhussieg, denn Hays hat postwendend Widerspruch eingelegt und lässt sich bei der Begründung provokant viel Zeit, auch eine Unsitte, die sich generell bei Rechtsverfahren eingebürgert hat, nicht nur bei mir. Die beklagte Seite eines Verfahrens lässt sich mit allem immer bis zum letzten Tag Zeit, fordert dann eine Fristverlängerung oder kommt mit etwas um die Ecke, was wieder viel Zeit kostet. Dann wird gejammert, dass die Gerichte überlastet wären. Mann müsste einfach von Seiten der Gerichte die Fristen strenger einhalten und solche „Zeitspiele“ unterbinden. Ich bin ja nun in dieser Sache bereits im 3. Jahr, habe eigentlich Recht bekommen, doch helfen tut mir das nicht. Rückblick: über Hays wurde ich als „Selbständiger“ in die Analytik von Sanofi in Frankfurt vermittelt, um dort bei der Erstellung von Studien zur Arzneimittelzulassung zu unterstützen. Aus Zahlen und Berichten wurde schnell mehr, bis hin zu eigener Laborarbeit. Das war alles andere als selbständige Arbeit, war für mich aber o.K., solange das Geld stimmt und die Arbeit im Prinzip Spass macht. Zwar war der tägliche Arbeitsweg in den Industriepark Höchst mit 88km einfach lang und es gab dort durchaus ein paar Stänkerer und Besserwisser, mit denen hatte ich aber nur am Rande zu tun. Nach einer Umorganisation und dem Weggang meiner ursprünglichen „Anforderer“ änderte sich das aber. Der Laborleiter, dem ich zu berichten hatte, wurde entmachtet und ich in die Wüste geschickt, Ende 2014, dem Jahr der schlimmen Krankheit meiner Frau, um die ich mich gekümmert hatte. All das, meine „Nase“, sowie mein selbstbewusst vorgetragenes Wissen hatten einem Dr. Kleinschmidt, dem neuen starken Mann in der Abteilung, nicht gefallen. Ende 2014 stand ich also mit 61 Jahren und keinem Folgeauftrag auf der Strasse. Das war der Auslöser für die schlimme Zeit von 2 Jahren unter Hartz 4 gewesen. Ich hatte mir von Anfang an vorgenommen, die Sanofi dafür bluten zu lassen, denn das Ganze war keine selbständige Arbeit, sondern ganz klar ein abhängiges Arbeitsverhältnis, welches ich einklagen wollte. Das gelang meinem Anwalt nicht, und so musste ich den Weg über die Statusfeststellungsklage gehen, die ich aber wegen eines unsauber formulierten Gesetzes nicht gegen Sanofi richten durfte, dem eigentlichen Ziel meines Zornes, ja Hasses. Das Gesetz wurde noch während meines 4 1/2-jährigen Verfahrens novelliert, so dass für solche Verstösse in Zukunft der Auftraggeber haftet. In meinem Fall war dafür aber noch der Vertragsvermittler, also Hays, verantwortlich. Ein schwieriges Verhältnis, denn obwohl ich die Schuld eigentlich nicht bei Hays gesehen habe, und sie sich immer ordentlich mir gegenüber verhalten haben, musste ich sie nun verklagen, wenn auch nur bei der DRV (Deutsche RentenVersicherung), später allerdings dann doch auch vor dem Arbeitsgericht, um eine Klage beim Sozialgericht zu kontern. Im April hat mich der Anwalt von Hays überraschend kontaktiert und in einem ziemlich langen Telefonat recht empathisch reagiert, als er erfahren hat, welche Verwerfung in unserem Leben dieser damalige Rauswurf bei Sanofi verursacht hat, in einem Alter (61), wo man eigentlich vor so etwas geschützt ist, initiiert und durchgeboxt beim Abteilungsleiter von diesem überheblichen und übergeschnappten Kleinschmidt. Verbunden noch mit einer bestätigten Diskriminierung, weil er nämlich an meiner Stelle zwei Jüngere engagiert hat. Ich hätte das nur viel eher melden müssen, dann wäre die Sanofi, dann wäre er dran gewesen. Es wird so viel über Antidiskriminierung geredet, aber kein Mensch weiss, dass man das innerhalb eines Monats melden muss. Ich habe dazu ein Schreiben und Telefonat von der Bundesstelle gegen Diskriminierung bekommen. Sanofi hat sich also diverser Vergehen gegen mich schuldig gemacht, zur Rechenschaft ziehen konnte ich sie nicht, trotz fachlicher Unterstützung meines Sohnes, der als Kripobeamter damals im Betrugsdezernat gearbeitet hat. Die „Ersatzauseinandersetzung“ mit Hays war in jeder Hinsicht ein zweischneidiges Schwert, ein verständnisvoller Anwalt zwar, dessen Mandant aber eigentlich die andere Seite war und ein abblockender, boshafter Vorstandsvorsitzender zur damaligen Zeit, der mir eigentlich gar nicht entgegen kommen wollte und ständig neue Wege zur Verzögerung gefunden hat. Von April bis August haben wir also – scheinbar – an einer Güteregelung gearbeitet, während parallel das Verfahren bei der DRV in Berlin einfach in der Warteschleife hing, bis ein dort angesiedeltes Gremium aus Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern den Einspruch von Hays abgelehnt hat. Ich habe gleich geahnt, dass die postwendend vor dem Sozialgericht dagegen klagen, was mir eine Anfrage belegte. In diesem Verfahren war ich dann Verfahrensbeigeordneter, obwohl Hauptbetroffener, denn Hays klagte gegen die DRV wg. deren für mich positiver Statusfeststellung als abhängig Beschäftigter. Unsere Justiz und Verwaltung ist so etwas von verzweigt und unübersichtlich, und ein Haufen Leute verdienen ein hohes Gehalt mit dem Verzapfen von dummen Anträgen und Widersprüchen. Das nennt sich dann Rechtsstaat, ein „Scheissdreck“ ist das, nur kein Rechtsstaat. Und dann musste ich auch noch lernen, dass man für eine Klage beim Arbeitsgericht eine bestimmte Form braucht! Preussische Verhältnisse im 21. Jahrhundert, und es ist mir in den letzten Jahren immer klarer geworden, Deutschland wird mehr und mehr abgehängt werden in einer sich immer rasanter ändernden Welt, weil wir an Dingen festhalten, die einfach nicht mehr in diese Welt passen. Z.B. auch, dass man mit dem Sozialgericht nicht per Email kommunizieren kann…..

Die Merkeljahre gehen weiter

Im Februar 2017 wird als Nachfolger des Pfarrers Joachim Gauck der langjährige Aussenminister Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsident gewählt. Ein honoriger Mann, dem aber in naher Zukunft seine Haltung gegenüber Russland noch auf die Füsse fallen wird. Zur Bundestagswahl im Herbst 2017 tritt die amtierende Dauerkanzlerin und Schlaftablette Angela Merkel noch einmal an, verkündet aber bald danach, dass dies ihre letzte Amtszeit sei und sie zur nächsten Wahl 2021 nicht mehr antreten wird. Ich nehme das einerseits erleichtert zur Kenntnis, bedaure aber, dass wir das nochmal 4 Jahre ertragen müssen. Ein Land im Dauerstillstand. Es stellt sich dann später auch heraus, dass sie in den letzten 4 Jahren den Karren noch richtig vor die Wand fahren würde. Es ist mir unbegreiflich, was die Deutschen geritten hat, nochmal in großer Mehrheit das Kreuz dort zu machen. Diesmal versucht man nach der Wahl etwas Neues, und verhandelt lange an einer Jamaica-Koalition aus CDU/CSU (schwarz), FDP (gelb) und den Grünen (grün), bis die FDP entnervt hinschmeisst, mit der Aussage von Parteichef Lindner „Lieber nicht regieren, als falsch regieren“. Also muss am Ende wieder die SPD als Lückenbüsser und Mehrheitsbeschaffer her, nach intensivem „Einwirken“ des neuen Präsidenten Steinmeier (selbst SPD, allerdings ruhend während der Präsidentschaft). Wieder setzt auch in dieser Legislaturperiode die SPD die Akzente, aber die Zustimmung der Wähler bekommt die CDU. Deutschland, ich kann Dir nicht helfen! Inzwischen schmiede ich mit meiner ukrainischen Frau schon Pläne, wie wir wenigstens jeweils für das Sommer-Halbjahr Deutschland verlassen und in ihrer Heimat Odessa am Schwarzen Meer verbringen. Das hätte monetäre Vorteile, da meine karge Rente dort umgerechnet in die Landeswährung Griwna viel mehr wert ist. Zudem könnten wir das absolute Trauerspiel Deutschland mal eine gewisse Zeit hinter uns lassen. Aber Nikitas Ausbildung und mein hängiges Verfahren lassen das vorläufig nicht zu. Später werden andere Dinge alle Planungen völlig auf den Kopf stellen. Wieder einmal wird alles anders kommen wie geplant. Am besten plane ich gar nichts mehr. Dann bin ich wenigstens in bester Gesellschaft mit Merkel, die auch nichts plant und vor allem nichts gestaltet…..

Nikita lernt in seinem vorgezogenen Heimaturlaub in Odessa ein Mädchen kennen, die für die nächste Zeit seine Pläne beeinflussen wird und uns alle, vor allem ihn, ziemlich aus der Bahn wirft. Bis zum abrupten Ende 2019 nach 2 Jahren. 2019 überhaupt wieder ein Jahr der Umbrüche, und alles kommt anders….

Fortsetzung folgt


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