Entsorgung (2016)

2016 sollte ein fürchterliches Jahr werden, was wir natürlich noch nicht wussten, als die letzten Silvester-Raketen im Himmel verglühten. Aber eine Andeutung war schon da: wir waren allein, das Neue Jahr zu begrüssen, Larissa, Nikita und ich. Klar, wenn man Hartz IV bekommt, verliert man alle Freunde. Selbst kann man niemand einladen und andere laden einen auch nicht mehr ein. Nach vielen Verfahrensfehlern des Mannheimer Jugendamtes und des Familiengerichtes in Karlsruhe hatten wir auf den letzten Drücker noch Nikita’s Adoption und Einbürgerung erreicht. Eine umtriebige Justizangestellte und eine um Wiedergutmachung bemühte Familienrichterin hatten das vor Weihnachten noch möglich gemacht. Sowohl die Richterin als auch der Verantwortliche für Einbürgerungen der Stadt Mannheim, Hr. Ullsamer, hatten Termine kurz vor Weihnachten eingeräumt. Jetzt war Nikita‘s Bewerbung noch vor Bewerbungsschluss bei der Bundespolizei in Göppingen eingegangen. Also gab es zumindest einen kleinen Grund zur Freude, so richtig gute Stimmung wollte sich aber nicht einstellen. Ein alter Freund, Karl-Heinz Bartmann, denkt noch in der Neujahrsnacht an mich per SMS, dann gehen wir schlafen. Das orthodoxe Weihnachtsfest am 06./07. Januar verläuft ruhig, am 10. Januar gehen wir mit unseren Freunden, Fam. Sobanski, zur Modellbahnausstellung „Lok trifft Traktor“, wo ein verabredetes Video über die Winteranlage Kufenau von Björn Borkenhagen entsteht. Aber es liegt etwas in der Luft, nicht nur die nach wie vor unerledigte Einigung zwischen Hays und meinem Anwalt bezüglich meiner letzten Beschäftigung bei Sanofi in Frankfurt.

Dann geht es Schlag auf Schlag: die Frau (Larissa) wird wieder krank, einmal richtig und zum anderen auch wieder psychisch, die Synapsen arbeiten falsch: Krebs! Aber es ist Gott sei Dank keiner, sondern nur Einbildung, oder Überzeichnung der wirklichen Schilddrüsen-Erkrankung. Aber bis man einen Termin bekommt! Das Warten auf einen Facharzt-Termin kennt sie aus Ihrer Heimat, Odessa in der Ukraine, nicht. Dort gibt es zwar andere Probleme im Gesundheitswesen, z.B. keine Krankenversicherung, aber einen Termin bekommst Du innerhalb kurzer Zeit. Hier in Deutschland bist Du zwar versichert, kannst aber verrecken, bevor Du einen Arzttermin bekommst. Nicht beim Hausarzt, der war innerhalb eines Tages zu sprechen, aber wehe, es geht weiter und wird spezieller, z.B. beim Endokrinologen. Und wenn der dann gar noch eine Strahlenuntersuchung der Schilddrüse anordnet, dann einen Termin beim Radiologen zu bekommen, nahezu ein Ding der Unmöglichkeit! Gründe sind einmal der Facharzt-Mangel und dann natürlich die Bevorzugung von Privatpatienten, die im Normalfall innerhalb 2-3 Tagen einen Termin bekommen. Dass da etwas schief läuft im deutschen Gesundheitswesen, ist nicht erst seit diesen Vorfällen bekannt…..

Und dann teilt mir noch der grosse Sohn Volker mit, dass er seine Familie verlässt und auszieht. Das kann ich doch unmöglich meiner kranken Frau beibringen, die dreht ja wieder durch. Soweit waren wir ja 2014 schon mal…

Währenddessen der kleine (Nikita) Diktate mit mir übt, für die Einstellungsprüfung bei der Bundespolizei. Nur sind ihm alle Texte, die ich heraussuche, viel zu schwer. Die Beispiele, die er aus dem Internet hat, sind alle viel kürzer und leichter, und vor allem nicht politisch….

Was machst Du also mit der (nicht so) kranken Frau, damit sie etwas abgelenkt ist. Wir gehen zu den Winterlichtern im Mannheimer Luisenpark, die 2016 bereits zum 2. Mal stattfinden. Aus den Fehlern von 2015 habe ich gelernt und nehme mir ein Stativ für die Kamera und Handschuhe für die Hände mit. Doch was ist das? Eine Riesenschlange am Eingang, kein Einlass und auch eine Aufzahlung für Dauerkarten-Inhaber. Freundlicherweise lassen uns welche vor, wir zahlen unseren Zusatz-Obolus und kommen mit den ersten rein. Aus den Aufnahmen von 2015 und 2016 zusammen entsteht ein Foto-Film zur Musik von Peter Seiler, eines der wenigen positiven Ereignisse in 2016. Von Peter Seiler wird später noch die Rede sein.

Die Nervenanspannung bringt mir die überwunden geglaubten Tachycardien zurück, teilweise jagt das Herz 10 Stunden und länger mit doppelter Frequenz. Leisten kann man da gar nichts mehr, nur schauen, dass man irgendwie durch den Tag (oder die Nacht) kommt. Irgendwann bin ich in die Notaufnahme im Klinikum gegangen, weil man auch dort in der Herzambulanz keinen Termin bekommt. Natürlich war dann in der Notaufnahme wieder alles o.K., man hat mich aber trotzdem aufgenommen und behält mich auf der geriatrischen Station. Dort passiert erstmal überhaupt nichts, ausser dass man mich wie einen alten Mann behandelt und ständig nach Schmerzen fragt, die ich gar nicht habe. Das einzig Sinnvolle während dieser 3 sinnlosen Tage im Klinikum, für die ich auch noch den persönlichen Beitrag von 14 Euro später zahlen soll, ist die Herz-Echo-Untersuchung und der daraufhin mit Druck vereinbarte Termin in der Rhythmus-Ambulanz für eine Ablation. Das bedeutet, dass ein überzähliges Nervenbündel, welches für die Verdopplung der Herzfrequenz sorgt, kontrolliert abgebrannt wird. Wenn’s klappt, bin ich die Tachycardien los, wenn nicht, brauche ich einen Herzschrittmacher. Aber die wissen dort in der Herzklinik im Mannheimer Uni-Klinikum (Prof. Borggrefe) schon, was sie machen. Schliesslich bekomme ich den „schnellen“ Termin innerhalb 2 Wochen. Ich rücke ein, bekomme fälschlicherweise Bluthochdruck diagnostiziert, was aber nur durch ein zu schnelles Absetzen eines Medikamentes verursacht wird, und werde sofort zur Ablation gebracht. Dort wird mir Propofol per Venenzugang verabreicht, damit ich während der Behandlung schlafe. Michael Jackson ist daran mit einer Überdosis gestorben, ich schlafe nicht mal ein! Grosse Verwunderung beim Behandlungsteam, aber das verantwortliche Nervenbündel wird per Herzkatheder gefunden und abgebrannt, alles bei nahezu vollem Bewusstsein; ein bischen habe ich es gespürt. Aber alles o.K., und den „Propofol-Rausch“ schlafe ich anschliessend im Krankenzimmer aus, welches ich abends schon wieder verlassen kann. Die falsche Diagnose Bluthochdruck jedoch führt zu einem Medikament, welches im Lauf des Jahres neue Probleme verursachen wird.

Jetzt ist es Ende März, und ich habe es zumindest mal geschafft; einen OP-Termin für die Schilddrüse meiner Frau, oder besser gesagt, den Rest davon, zu bekommen. Das meiste muss immer ich ausmachen, denn ihr Deutsch ist trotz B1-Zertifikat für solch komplizierte Vorgänge nicht ausreichend. In der Woche vor Ostern soll sie sich im Diakonissen-Krankenhaus auf dem Lindenhof einfinden. Während einer Pause der Voruntersuchungen ruft mich ein Mitarbeiter von impact an; auch wieder so eine Personalvermittlungs-Gesellschaft, ohne die anscheinend keine Stellen mehr besetzt werden. Das Ganze geht – gerade auch in Bezug auf die Besetzung einer Marketing-Position beim Chemikalien-Händler Roth in Karlsruhe – schliesslich kläglich schief. Niemand in Deutschland besetzt mehr eine Stelle mit einem über 60-jährigen, und wenn er noch so qualifiziert ist, und die Stelle noch so dringend besetzt werden muss. Das ist Altersdiskriminierung pur und Kapitalismus-Terror. Aber in Berlin sitzt die Raute und sitzt alles aus…..

Während die Frau im Krankenhaus liegt, fährt der Sohn, der kleine, der gebürtige Ukrainer, nach Prag, um seine Internet-Freundin zu treffen. Eine Scheiss-Idee, wie ich finde, aber ich lasse ihn. Er muss ja schliesslich seine Erfahrungen sammeln und kommt auch noch ganz positiv zurück. Irgendwie war ich zwischen den ganzen Krankenhaus-Aufenthalten am 13. März auch noch als Wahlhelfer bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im Einsatz und konnte 60 Euro für die karge Haushaltskasse einspielen. Larissa hätte nie gedacht, dass sie mal so leben wird/muss, im ach so reichen Deutschland, jedenfalls, was man so im Ausland über Deutschland berichtet und zu wissen glaubt. Inzwischen weiss sie es besser und beginnt auch, Merkel zu hassen….

Als es auf Ostern zu geht, kommen meine beiden wieder heim. Das Gründonnerstagsessen (Spiegeleier, Spinat und Salzkartoffeln) esse ich noch allein, den Karfreitagsfisch kann ich schon zusammen mit meiner Frau geniessen; am Vormittag kann ich sie heim holen. Im Krankenhaus spricht mich noch eine alte Frau an, die sich als Mutter meines alten Schulfreundes Lutz Knakrügge herausstellt. Ihr Mann – der schon hochbetagt sein muss – hat meine Ukraine-kritischen Leserbriefe an den Mannheimer Morgen gelesen. Meine Kritik bezog sich aber nicht auf die Ukraine, sondern auf die teilweise unqualifizierte Berichterstattung über den dortigen Konflikt. Dass dort beide Seiten mit Kriegspropaganda arbeiten, ist jetzt so allmählich auch bei den Medien angekommen. Zuletzt sehe ich meine sehr differenzierte Meinung über dieses gespaltene Volk eher wiedergegeben. Natürlich haben wir guten Einblick, da Larissa im 2-Tage-Abstand mit den Eltern oder Freunden in der Ukraine oder sogar in Moskau über Skype spricht. Jedenfalls hatte besagter Vater meines Freundes meine Kritik gelesen. Aber ich machte mir im Stillen Sorgen um die Frau, weil das, was sie mir erzählte, wenig vertrauenerweckend klang. Meine Sorge war umsonst; sie kam wieder auf die Beine, der besagte Vater meines Freundes starb aber noch im gleichen Sommer.

Am Samstag kam schliesslich auch Nikita aus Prag zurück, so dass wir zum Osterfest alle wieder gesund beisammen sassen. Ein bischen haben wir bei aller Beschäftigung mit uns selbst das Umfeld vergessen, nun, wie gesagt, es hat sich ja auch keiner mehr bei uns gemeldet. Nikita musste zum Einstellungstest der Bundespolizei in der Nähe von Würzburg und kommt enttäuscht zurück. Das Diktat war noch viel schwerer als die von mir ausgesuchten, und obwohl er die Maximalzahl von Fehlern nicht überschritten hatte, wurde er aussortiert. Andere, Ältere, Deutsche und eine Blondine wurden ihm vorgezogen. Ja, so ist das halt in Deutschland. Nicht zum ersten Mal verliert der uneinsichtige Slawe gegen die deutschen Verhaltensmuster und Realitäten. Bestechen kann man hier halt niemand. Von da an ist der Traumberuf Polizist für ihn gestorben. In nächster Zeit wird er sich immer heftiger an der deutschen Lebens- und Arbeitsrealität reiben, bis hin zum Wunsch, möglichst bald in sein Heimatland zurückkehren zu können. Einerseits kann ich das verstehen, weil ich dieses Land inzwischen auch bis aufs Blut hasse, andererseits offenbart er natürlich auch zu 100% das Vorurteil über die Slawen. Für was, frage ich mich, haben wir solche Verrenkungen gemacht, ihn einzubürgern?

Larissa und ich waren damit beschäftigt, Maimarkt, Maimesse, Merkurtransit und Analytica vorzubereiten, als mich der nächste Hammer traf. Ende April, ich weiss gar nicht mehr genau den Tag, bekomme ich völlig unvorbereitet einen Anruf, in welchem mir der Tod meines Bruders Klaus mitgeteilt wird. Noch am Telefon bin ich praktisch zusammengebrochen und habe einen Weinkrampf bekommen. Ja, er war fast 17 Jahre älter als ich, aus der ersten Ehe meines Vaters (siehe Prolog), und hatte eine Vorerkrankung, Lymphdrüsenkrebs, der aber besiegt zu sein schien. Innerhalb weniger Tage/Wochen jedoch hatte sich sein Gesundheitszustand stark verschlechtert, nachdem er noch eine letzte Reise mit seiner Fanny nach Barcelona unternommen hatte. Dass er im Krankenhaus inzwischen mit dem Tod rang, hatte man mir verschwiegen. Er wollte es so, aber das war nicht schön; so eine Schock-Nachricht, auf diese Art und Weise überbracht, kann einen gleich selbst ins Grab befördern, z.B. mit einem Herzinfarkt. Man hätte es mir sagen können, schonend, als er noch lebte. Wenn er mich dann wirklich nicht mehr hätte sehen wollen, hätte ich das respektiert. Dabei war das gar nicht bös gemeint, so war eben mein Bruder. Er wollte selbst nicht im Mittelpunkt stehen und niemandem zur Last fallen. Auf den Maimarkt gingen wir dann trotzdem, die Karten hatten wir schon. Am 01. Mai war das orthodoxe Osterfest, am 02. Mai waren wir auf dem Maimarkt und am 04. Mai wurde Klaus beerdigt, auf einem Urnengemeinschaftsfeld in Hockenheim, wo er zuletzt mit seiner Familie gelebt hatte. Dort traf ich dann nach sehr langer Zeit auch meinen Cousin Eberhard wieder, den ich wohl an die 20 Jahre nicht gesehen hatte. Aber bei aller Trauer, das Leben geht weiter, und die nächsten Ereignisse waren bereits geplant…..

Am 08.05. mussten wir nämlich schon in Renningen (bei Stuttgart) sein, bei meinem Freund Jörg Dubiel, um mit ihm und seinem C8-Teleskop den Merkur-Transit am Mo, 09.05. zu proben. Er ist nämlich Mitglied der Kepler-Sternwarte in Weil der Stadt, wo wir aufbauen konnten und entsprechende fachliche und logistische Unterstützung bekamen (Hr. Ludwig, Hr. Reimann). Jörg selbst war in seinem letzten Berufsjahr als Oberstudienrat (Mathe, Physik) tätig und mit seiner Klasse unterwegs. Also musste ich den Umgang mit seinem Fernrohr und alle nachgeordneten technischen Herausforderungen lernen. Larissa hat darüber einen Film gedreht, interessanter ist aber der Foto-Film über den Merkur-Transit, zu dem wir am nächsten Tag die Aufnahmen gemacht haben. Der Merkur zog am 09. Mai ab 13:10 Uhr über 8 Stunden vor der Sonnenscheibe vorüber. Nach etwas mehr als der Hälfte haben wir gegen 17:30 Uhr Schluss gemacht und sind etwas essen gegangen. Am nächsten Morgen ging es gleich weiter Richtung München zur Analytica. Da es überraschend kalt wurde, musste sich Larissa unterwegs auf dem Rasthof Augsburg noch umziehen, etwas wärmer und mit anderen Pumps-Stöckeln. Den durchaus gelungenen Messe-Besuch habe ich in einem letzten Bericht festgehalten. Am Stand von Roth fand zum Abschluss noch das vorab ausgemachte Gespräch über eine Zusammenarbeit bei LC/MS-Lösungsmitteln statt. Schliesslich bin ich ja der „10 Mio Euro-Mann“, der diese höchst erfolgreiche Produktlinie von 2003 – 2006 für Sigma-Aldrich (SIAL) entwickelt hatte. Im Zuge des Mergers von Merck mit SIAL mussten auf Geheiss der EU diese Produktlinie und die Karl-Fischer-Chemikalien verkauft werden und gingen für insgesamt 20 Mio Euro an unseren früheren Hauptkonkurrenten Honeywell. In Abstimmung mit meinem damaligen Arbeitgeber hatte ich damals alles unternommen, damit diese keinen Einblick in unsere Geheimnisse bekamen, denn wir haben teilweise am gleichen Standort in Seelze bei Hannover produziert. Jetzt bekommt mein grösster geschäftlicher Feind – denn privat gibt es da noch ein paar ganz andere Kaliber – für 10 Mio Euro mein Know-how und ich – richtig, nichts! Immerhin höre ich am Telefon nachträglich ein grosses Lob: „Joachim, Du hast Dich um die Firma verdient gemacht“. Das drückt mir zwar die Tränen der Rührung in die Augen, bringt mir aber keinen Cent in den leeren Geldbeutel. Und Roth – ich hatte das vorher schon mal angedeutet – hat, trotz nachweislich nicht konkurrenzfähiger Produkte auf diesem Gebiet, kein Interesse an einer wie auch immer gearteten Mitarbeit, z.B. auf freier Honorarbasis. Das zeigt die Menschenverachtung auch bei dieser Firma. Am Stand von Merck gebe ich mich als der „Erfinder“ der SIAL-LC/MS-Linie zu erkennen, trotzdem schafft man es dort nicht, uns für die Enkel eine Version des Lego-Labors (siehe Bericht) zukommen zu lassen, traurig! 2004, auf meiner „Erfolgs-Analytica“, als meine Produkte vorgestellt wurden, haben die Konkurrenten noch versucht, mich abzuwerben, allen voran, aber mit grossem Respekt, Baker, die im Übrigen mein Konzept verstanden und schon erfolgreich kopiert hatten. Ganz anders 2016 Roth; die werden es wohl dann auch nie mehr schaffen. Wenigstens das bleibt mir als Genugtuung, und der Roth-Fuchs, den meine Frau am Stand einkassiert und mitnimmt…..

In Folge (Mai, Juni) nehmen die Ärgernisse zu. Nikita tritt in x Hotels zu Probearbeiten an, zieht aber überall den Kürzeren. In vielen Fällen erklärt man ihm, dass das eigentlich ein Frauenberuf sei – Diskriminierung mal anders herum! Ich finde sowieso keine Arbeit mehr, Unterstützung dazu aus dem Jobcenter gleich null. Das sind dort alles Nullen, die verwalten nur unsere Not, helfen tut dort keiner. Jede Regelung wird möglichst kleinlich gegen mich/uns ausgelegt, erbärmlich! Und es sollte noch schlimmer kommen.

Seit Nikita’s 18. Geburtstag im September 2015 wird er separat im sog. „Jungen Mannheim“ von einem Besserwisser-Jungspund betreut, den ich von Anfang an gefressen habe, Bernhard Kammer. Ich bin ihm meilenweit überlegen, er ist aber der akribische Paragraphenfresser und hat immer das letzte Wort (selbst als die Auseinandersetzung später bis ins Arbeits- und Sozialministerium von Fr. Nahles geht). Doch zunächst kann ich diesem Kammer den Wind aus den Segeln nehmen, denn Nikita hat einen Schulplatz, zwar eine Notschule, aber immerhin. Aber jetzt nähert sich der Tag, an dem dieser Kammer und das „Junge Mannheim“ die „Macht“ über ihn bekommen. Obwohl der Junge gar nichts dafür kann, dass die Familie Hartz IV bekommt. Daran sind die Verbrecher bei Sanofi in Frankfurt schuld, aber das ist eine andere Geschichte. Im Fall von Nikita treffen hier jetzt zwei gegensätzliche und als Gebräu äusserst gefährliche Mentalitäten aufeinander. Der preussisch-deutsche, junge und überkorrekte Besserwisser(-Beamte) und der faule, opportunistische Slawe, der nur etwas macht, wenn es ihm zum Vorteil gereicht und Geld einbringt. Er bedauert tatsächlich und im vollen Ernst, dass es schade ist, dass man in Deutschland niemanden bestechen könne…. Wie gesagt, 2 Welten! Und die bräuchte ich hier jetzt überhaupt nicht. Habe genug zu tun, mich der deutschen Betrüger-Kapitalisten zu erwehren – und der sturen Beamten.

Zwei Besuche gibt es in der fraglichen Zeit (1. HJ 2016) im Jobcenter. Einmal – es war noch kalt – mit Nikita im „Jungen Mannheim“. Da war das Verhältnis noch nicht zerrüttet und vor allem neben diesem unsäglichen Kammer noch zwei andere, verständigere Leute anwesend. Allein, sie konnten der Slawen-Seele von Nikita nichts beibringen. Was sie vorschlugen, wollte er nicht, und was er gern wollte, wäre angeblich Abiturienten und sogar Studien-Abbrechern vorbehalten, der Kfz-Kaufmann überlaufen. In Nikita’s Heimat ruft man einfach mal kurz an; wenn man einbestellt wird, bekommt man den Job so gut wie sicher. Bewerben, sogar für Aushilfsjobs – ein völliges Fremdwort in der Ukraine, oder sagen wir mal, zumindest in Odessa. Zwei Welten prallen aufeinander, ein wenig (Betonung liegt auf wenig) Wissen um den Arbeitsmarkt, zumindest aus Beamten- und Bürokraten-Sicht. Aber natürlich exaktes Wissen um die Regelungswut in Deutschland. Und auf der anderen Seite ein 18-Jähriger, der keine Ahnung vom Leben als solches und von dem in Deutschland im Besonderen hat. Da meint ein junger Kerl, alle warten nur auf ihn – das wäre wahrscheinlich bei den Noten nicht einmal in Odessa der Fall – und die anderen nehmen ihm sämtliche Illusionen, ohne ihm neue Perspektiven zu geben. Dann mein Besuch im „normalen“ Jobcenter, gerade nebenan im Mai/Juni. Ich weiss noch, dass ich nach den Flaggen am Auto gefragt wurde; die ukrainische ist eben noch nicht so geläufig. Zunächst hatte der korrekte aber sture Sachbearbeiter Wilhelm Ziegler, ein typisch deutscher Beamter, meine Nebenkosten-Rückzahlung zurückgefordert, dann eine Beihilfe zu einer dringend benötigten Brille abgelehnt, und Hilfen für einen Wiedereinstieg in den Beruf gab es auch nicht. Auf meine Beschwerde hin bekam ich einen Termin, zu dem sich 3 Damen, um den Begriff Tussen zu vermeiden, mit mir trafen, um eingeschüchtert meine 1-stündige Wutrede entgegen zu nehmen und wenige Antworten zu geben. Die für mich zuständige Teamleiterin, Fr. Regine Bramm, die ich als Chef früher niemals in meine Gruppe eingestellt hätte, erklärt mir, dass der für mich zuständige Sachbearbeiter Hr. Ziegler, stets korrekt in Rahmen der Vorschriften entscheiden würde. Fein, auf genau diese Nachricht habe ich gewartet! Dass eine Brille nicht im Hartz IV – Leistungsumfang enthalten ist, das sei doch im Leistungsspektrum der Krankenkassen enthalten. Die gute Frau hat wohl schon lange keine Brille mehr gebraucht oder als Beamtin schlicht zu viel Geld…! Und dass eine Überprüfung meines letzten Arbeitsverhältnisses und eine Klage dagegen meine Sache sei. Dabei hätte eine vom Jobcenter angestrengte Statusfeststellung sehr viel eher zu Tage gefördert, dass bei meinem letzten Arbeitsverhältnis (Sozialversicherungs-)Betrug im Spiel war. Man hätte die entsprechende Entscheidung der DRV sehr viel eher herbeiführen können, als ich es schliesslich konnte und Kosten für den Steuerzahler gespart, weil ich nämlich dann 15 Monate ALG I bekommen hätte, und nicht steuerfinanziertes Hartz IV. Jetzt steht inzwischen eine Rückabwicklung im Raum, eine Anzeige gegen einige Jobcenter-Mitarbeiter bei der Staatsanwaltschaft wg. Untätigkeit im Amt und nach rechtskräftiger Statusfeststellung und Rückabwicklung ALG I / ALG II noch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen 4 Mitarbeiter beim Jobcenter Mannheim / Junges Mannheim. Soweit war ich aber damals noch nicht, heute wüte ich gegen alle Verursacher unserer Misere, damals war ich zwar laut, konnte mich aber nicht durchsetzen. Immerhin bekam ich abschliessend noch einen Spezialvermittler zugewiesen, der aber auch nicht mehr für mich tun konnte.

Inzwischen war auch die Freundin von Nikita zum Gegenbesuch da, und siehe da, auf einmal war alles nicht mehr „Friede, Freude, Eierkuchen“. Eine typische Vertreterin der Westukraine (Gegend um Lwow), die meisten dort sind relativ nationalistisch. Sie wollte nur und ausschliesslich ukrainisch reden, obwohl sie russisch konnte, das hat sogar Nikita genervt, der nicht so gut ukrainisch kann und davon Kopfweh bekam. An diesem kleinen Beispiel erkennt man den Konflikt in der Ukraine, der sich entlang der Sprachgrenzen aufbaut, obwohl in den Medien, allen voran dem Fernsehen durchaus gemischt gesprochen wird, wohl gemerkt, innerhalb einer Sendung. Aber das ist eben nicht das einfache Volk; die Westukrainer wollen ausschliesslich ukrainisch sprechen, das habe ich selbst in Lwow (ukr. Lviv) am eigenen Leib erfahren. Und im Osten wollen sie davon überhaupt nichts wissen, können die Sprache nicht einmal und fühlen sich zu Russland gehörig. Genau das habe ich auch in einem Leserbrief unserer Lokalzeitung, dem Mannheimer Morgen, beigebracht, wobei das auf viel Unverständnis stiess, weil es eben offiziell nicht so aussieht und Insider-Wissen erfordert. Jedenfalls war die junge Liebe vorbei, bevor sie richtig begonnen hatte. Das Mädchen fuhr heim nach Prag, wo die Familie inzwischen lebte, und ward nie mehr gesehen….

Und die deutschen Fussballer waren im Halbfinale auch ausgeschieden, gegen Frankreich, pardon, besser gegen Griezmann, dessen blöde Gesten ich genauso gefressen hatte wie das Mädchen mit seinem sturen ukrainisch. Entsprechend habe ich mich gefreut, dass im Endspiel schliesslich Portugal gewonnen hat, mit einem hochemotionalen, in Tränen aufgelösten Millionärs-Kicker Ronaldo. Den ich ansonsten wegen seiner Mätzchen auch nicht mag, aber hier habe ich es ihm und Portugal von Herzen gegönnt….

Unspektakulär, aber technisch interessant war in dieser Zeit noch der Besuch einer historischen Dampf-Strassenbahn in Mannheim.

Inzwischen war auch eine Einigung mit dem Anwalt von Hays über einen finanziellen Ausgleich für den Rauswurf bei Sanofi gescheitert. Fast anderthalb Jahre war jetzt das Ende dieser betrügerischen Beschäftigung bei der reichen Pharmafirma am Main her, die hochqualifizierte Leute (oft mit Promotion) auf Scheinwerkverträgen beschäftigt, um die Sozialversicherung zu sparen, und, wie mich 2014, nach Belieben rausschmeissen zu können. Raubtierkapitalismus pur! Im Juni habe ich dann eben für diese Beschäftigung eine Statusfeststellung bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin beantragt. Die Clearingstelle der DRV in Berlin entscheidet auf Antrag, ob ein selbständiges oder abhängiges Beschäftigungsverhältnis besteht oder bestand.

Eines der Hotels, in denen Nikita immer wieder probegearbeitet hat, war die „Hirschgasse“ in Heidelberg, deren aufgeplusterter Inhaber meinte, etwas Besonderes zu sein und Nikita mit unklaren Aussagen zu einer Ausbildung immer wieder hingehalten hat. Dieser, immer wieder auch der deutschen Mentalität und verwendeten Ausdrucksweise nicht mächtig, hat sich einerseits reinlegen lassen, hat andererseits aber auch nichts anderes im Sinn als schnellstens wieder in die Heimat nach Odessa abzuhauen; Freizeit ist ja schliesslich das Wichtigste!!!…..

Mein Versuch, das alles hier noch per Email mit dem Inhaber des Hotels und Nikita in Odessa zu regeln, scheitert, als mir der „feine“ (sprich eingebildete) Herr anfängt Vorhaltungen über meinen Email-Stil zu machen, der hat wohl zu heiss geduscht! Später erfahre ich von meiner Schwiegertochter (der Frau des älteren Sohnes) noch Dinge, die genau in das gewonnene Bild passen. Die hat damals auch das Weite gesucht und ist heute Polizistin. Jedenfalls stand jetzt Nikita wieder ohne Ausbildungsplatz da, aber Hauptsache, er war in Odessa und hat sich amüsiert! Dafür musste ich dann noch mehr hier mit den Behörden ausbaden; insbesondere der schon vorher erwähnte Sachbearbeiter des „Jungen Mannheim“, Bernhard Kammer, hat sich weiter als Wichtigtuer hervorgetan und zudem Vertrauensbruch begangen. Da er Nikita noch nicht „packen“ konnte, hat er sich anderweitig an uns „gerächt“ und die von mir leichtsinnig gemachte Äusserung am Telefon missbraucht, dass sich Nikita mit seiner Mutter in Odessa bei den Grosseltern befand. Nikita durfte das, weil er sich erst am 01.08. beim Jobcenter melden musste. Aber „Frau Maleeva hatte sich unerlaubt entfernt“, wie mir kurz darauf der andere Oberbürokrat aus dem „normalen“ Jobcenter schrieb. Daraufhin habe ich die dort rund gemacht, dass es nur so gekracht hat, die konnten damals froh sein, dass sie Sicherheitspersonal hatten, sonst hätte ich wahrscheinlich einen kalt gemacht von diesen Oberidioten. Selbst mein Anwalt hat mich noch zusammengeschissen, dass man eben in Deutschland anwesend sein müsse, wenn man Grundsicherung erhält. Aber erstens konnte meine Frau überhaupt nichts für unsere Situation, verursacht worden war das von der Sanofi, und im Speziellen von einem „feinen“ Hrn. Dr. Kleinschmidt. Zweitens war sie wg. ihrer schweren, unheilbaren Erkrankung von jeglichem Vorladen beim Jobcenter befreit. Da hätte halt mal jemand in die Akte schauen müssen, aber das ist bei einem deutschen Verwaltungsbeamten zu viel verlangt. Die verlangten Unterlagen haben sie dann noch nachträglich bekommen, so dass wir die eh schon lebensunwürdigen Leistungen nicht noch gekürzt bekamen. Meine Nerven haben dann aber nicht mehr mitgespielt, zu viel Alkohol und Schlafmangel. Die Krankschreibung kam mir gerade recht, jetzt konnten sie mich auch mal…..

Ende Juli kamen die beiden mit dem Bus zurück, das sind jedes Mal ca. 36 Stunden Fahrt, und natürlich bin ich gleich mit Nikita zusammengerasselt. Beim Versuch ihm einen Boxer auf die Schulter zu setzen, der ihm richtig weh tut, habe ich mir aber stattdessen selbst weh getan – Kahnbeinfraktur. In Mannheim-Rheinau ist kein Unfall-Chirurg mehr zu finden, also muss man dafür in die Notfallaufnahme im Klinikum. So erleben wir also den Geburtstag meiner Frau am 02.08. zwar im neuen Restaurant Olympia (am Karlsplatz Rheinau) in schöner Umgebung, aber mit Handschiene und voller Wut auf Sohn und Jobcenter.

Im August haben sie mir dann auch noch meine Eltern genommen, zwar nur das Grab, aber es war in meiner Verfassung wie ein zweiter Tod. Den Stein wollte kein Steinmetz mehr haben – Neuware aus Polen ist billiger, nicht einmal geschenkt. Da man noch Geld für die Abräumung des Grabes von mir wollte, haben wir mit dem grossen Sohn Volker alles selbst gemacht. Tschüss Eltern, ein zweites Mal, kurz nachdem ich den Bruder verloren habe. Es war zwar abzusehen, weil der Termin anstand, aber so richtig akzeptieren wollte ich es nicht. Schliesslich habe ich in dem Monat aus lauter Verzweiflung auch noch die Rente beantragt, wobei mir ein pensionierter Lokführer als DRV-Berater geholfen hat. Als Eisenbahn-Fan war das natürlich ein bischen Balsam für meine geschundene Seele.

Aber im August findet auch noch ein anderes und diesmal positives Ereignis statt, und zwar im Luisenpark am 28.08.2016. Bei stechender August-Sonne spielt Peter Seiler live in der Klang-Oase, und es kommt sogar zu einer persönlichen Begegnung mit diesem Ausnahme-Musiker, der mit seiner Band Tritonus in den 70er-Jahren zur „deutschen Antwort auf Emerson, Lake & Palmer (ELP)“ avancierte und fast gleichzeitig mit mir geboren wurde.

Nachdem Nikita im August nach einer überraschenden Blinddarm-OP noch im Wyndham-Hotel in F4 zur Probe gearbeitet hatte, hat man ihn tatsächlich noch genommen, aber erst nachdem ein eigentlich bevorzugtes Mädchen endgültig abgesagt hatte. Wie gesagt – im Hotel- und Gaststättengewerbe – Diskriminierung anders herum. Also Nikita ab September in Ausbildung, Gott sei Dank, aber schon wieder neuer Stress mit dem Jobcenter, weil jetzt sein lächerliches Ausbildungsgehalt auf unsere Hartz-Bezüge angerechnet wird, geht’s noch? Was sich dieser Staat mit seinen Bürgern leistet, vor allem den rechtschaffenen, geht auf keine Kuhhaut mehr. Kein Wunder, dass die Linken und die AfD Zulauf bekommen. Ich halte es zunächst aber erst einmal noch mit der SPD und schreibe an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, kurz BMAS, von Fr. Nahles. Zunächst generell über meinen „Fall“, den Sozialversicherungsbetrug von Sanofi unter Mithilfe von Hays und meinen Rausschmiss mit 61, später noch wegen dieser Zumutung, dass ein Jugendlicher, der gerade sein erstes Geld verdient, herangezogen wird, die Eltern zu unterstützen, so dass ihm nichts mehr bleibt. Die Rechnung, die ich aufmache, lautet: mit Nikita’s Arbeit haben wir weniger wie zuvor unter Hartz allein. Noch Fragen, ob sich Arbeit in diesem Land lohnt? Und ich bekomme tatsächlich eine Antwort aus dem BMAS, worin mir auf 3 DIN A4-Seiten erklärt wird, was der Gesetzgeber mit dieser Gesetzesregelung bezweckt, nämlich, dass sich Jugendliche nicht auf Kosten des Staates selbständig machen, ausziehen und dann die Hände aufhalten. Als ob das auch nur im Entferntesten bei uns zutreffen würde. Ein milliardenschwerer Pharma-Gigant schmeisst einen alten, scheinselbständigen Mitarbeiter, der gute Arbeit geleistet hat, mit 61 raus, so dass ihm nur Hartz bleibt. Und der unschuldige Sohn darf es ausbaden, und die kranke, unschuldige Frau („unerlaubt entfernt“), wegen der ich überhaupt erst „entfernt“ wurde. Die Unverschämtheiten und Schikanen in diesem Land nehmen ein Mass an, welches langsam unerträglich wird. Deutschland ist zu einer Bananenrepublik verkommen. Monatelang streite ich mit diesem Bernhard Kammer aus dem „Jungen Mannheim“ herum, auch so ein Kind dieser „Neuen Republik“, vielleicht Ende 20, weiss alles besser und muss immer das letzte Wort haben. Aber durch einen puren Zufall können wir ihm am Schluss des Jahres, mit dem Austritt aus der Hartz-Grundversorgung doch noch ein Schnippchen schlagen…..

Übrigens waren im August auch noch die Olympischen Spiele in Rio, aber ausgerechnet die beiden, auf die ich gesetzt hatte, blieben entweder ganz erfolglos (Tony Martin, Zeitfahren Rad) oder holten „nur“ die Silbermedaille (Angelique Kerber, Tennis). Rein emotional und natürlich vom Erfolg her ist mir die Fussball-WM zwei Jahre vorher, ebenfalls in Brasilien, viel besser in Erinnerung geblieben.

Der September führt mich zurück an alte Wirkungsstätten in Heidelberg, wo ich meiner Frau auf dem Campus im Neuenheimer Feld zeige, wo ich studiert, die Jahre meiner Doktorarbeit verbracht und gegessen habe (Mensa). Auf dem Weg von der Mensa in den Botanischen Garten begegnen wir noch meinem alten Schul- und Studienkollegen Helmut Arndt (genannt Shannon), der Proben ins Tropeninstitut bringt. Er wohnt seit vielen Jahren in meiner Siedlung in Rheinau-Süd, wo wir uns, insbesondere seitdem wir beide im Ruhestand sind, immer öfter begegnen. Wer hätte damals in der Schule gedacht, dass ausgerechnet er derjenige sein würde, zu dem ich den intensivsten Kontakt von allen später haben würde? Auch wenn das jetzt nicht sehr tief ist, aber immer wieder, wenn wir uns begegnen – er auf dem Fahrrad, ich zu Fuss – haben wir uns doch relativ viel zu erzählen. Dabei hatte ich in den letzten Klassen eher andere Freunde, er war nur so „dabei“, nicht negativ, aber auch in keinster Weise im Vordergrund. Und er ist einer der vielen Bögen in meinem Leben, die mich immer wieder überraschen.

Nach Besichtigung des Botanischen Gartens fahren wir noch hoch auf den Königstuhl zur Bergstation der Bergbahn und zur Landessternwarte, wo die Tore geöffnet sind, so dass wir hineinspazieren und die eindrucksvollen Kuppelbauten betrachten können, in denen sich die verschiedensten Teleskope befinden. Zielstrebig gehe ich in die hinterste Ecke zum kleinsten Instrument, dem 8-Zöller, welches Mitte der 70er-Jahre meinem Freund Jörg Dubiel und mir zur „privaten Forschungsarbeit“ zur Verfügung stand, heute aber verschlossen ist. Wir haben damals einige experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet der Astrofotografie bzw. Planetenfotografie durchgeführt, die es damals sogar in die Fachzeitschrift „Sterne und Weltraum“ geschafft haben, heutzutage aber nur belächelt würden. Jörg war der Physiker, ich der Chemiker im Team. Planetenfotografie ist sehr schwierig, vor allem unter terrestrischen Bedingungen aus der licht- und dunstverschmutzten Rheinebene heraus. Mit chemischen Methoden haben wir die flauen Ergebnisse auf den damaligen Spezial-Filmen noch nachträglich verbessert. Dennoch ist der Informationsgewinn mit den digitalen Methoden heute, 40 Jahre später, eklatant, wie die Vergleichs-Beispiele von Jupiter- und Saturn-Aufnahmen von damals und heute zeigen (Jupiter 1976/2017, Saturn 1977/2017).

Vom 07.-09. Oktober findet das Bahnhofsfest 140 Jahre Mannheimer Bahnhof statt, was wir zur Dokumentation der historischen Erinnerungen nutzen. Zum anderen gibt es auch schon wieder Anlass, in einem Leserbrief an den Mannheimer Morgen gegen die juristische Überregulierung der Republik zu wettern. Und mit Entsetzen verfolge ich Anfang November die amerikanische Präsidentschaftswahl, mit der bösen Vorahnung, dass auch uns in Deutschland bald unruhige politische Zeiten bevorstehen könnten. Was sich inzwischen ja bewahrheitet hat.

Während ich den alten BMW noch am letzten Sommertag auf dem Weg ins Brühler Freibad heftig beschädigt hatte (Stossstange), ruiniert Nikita noch die zweite Alu-Sommerfelge auf dem Weg in die Arbeit im Wyndham-Hotel. Nachdem dort der erste Monat in der Reservierung ruhig verlaufen war, er im nächsten Monat (Oktober) am Empfang sogar Extraeinsatz gezeigt hat, der anschliessend sogar vergütet und postwendend von unserem Hartz abgezogen wurde (Motivation! Deutschland, geht’s noch?), beginnt man, ihn im November auszunutzen und zu schikanieren, bestellt ihn frühmorgens zu Zeiten ein, an denen noch kein Bus fährt. Als er sich daraufhin beschwert und das diskutiert, bekommt er zur Antwort, dann solle er halt mit dem Rad kommen. Morgens um halb fünf, im Winter! Daraufhin schmeisst er die Ausbildung dort hin, mit meiner ausdrücklichen Billigung. Die Ausbeuter haben in Deutschland die Macht übernommen; ich erkenne mein Land nicht mehr wieder……

Natürlich steht in unserem Fall gleich wieder das Jobcenter auf der Matte, die wissen aber inzwischen, dass ich die Rente beantragt habe und mit Ende des Jahres aus der Hartz-Versorgung ausscheide, Gott sei Dank! Zudem hat sich Nikita gleich um Arbeit gekümmert: DHL braucht in der Vorweihnachtszeit Ausfahrer bzw. Hilfen für die Fahrer beim Ausliefern der vielen (Amazon-)Pakete. Während im Hintergrund die Berechnung der Rente (DRV-BW) und das Statusfeststellungsverfahren gegen meine letzte Ausbeutung läuft (DRV-B), haben wir im November Hochzeitstag und wissen nicht so recht, was wir eigentlich in unserem Alter noch für eine Zukunft in diesem Land haben…..

So langsam zerrinnt alles zwischen den Händen bzw. den Bescheiden über die diversen Renten. Am schnellsten sind die Schweizer, so wie ich sie aus meiner Schweizer Zeit kenne: prompt, freundlich und zuverlässig. Schade, dass ich dort nicht länger war bzw. sogar dort geblieben bin. So ist der Schweizer Rentenbeitrag mit 185 CHF recht bescheiden und unterliegt zudem noch den Wechselkursschwankungen. Dann kommt der deutsche Rentenbescheid, hart an der Grenze zur Grundversorgung, nach 38 Arbeitsjahren, eine Frechheit! Und ich kann die Schuldigen klar benennen. Kohl hat mir 140 Euro gestohlen, als unter seiner Kanzlerschaft die Ausbildungsjahre für Studierende zusammengestrichen wurden, meine erste Frau ca. 320 Euro, weil der Versorgungsausgleich ausgerechnet in die Zeit meines besten Verdienstes fiel. Und Sanofi/Hays sind für mindestens weitere 200-240 Euro verantwortlich, mit dem Scheinwerkvertrag und dem unverschämten Rausschmiss. Verantwortlich dafür mache ich Kanzler Schröder mit seinen Hartz-Gesetzen. Ausgerechnet der verurteilte Betrüger Peter Hartz macht für den SPD-Kanzler solche Gesetzesvorschläge, hier die Themen Leiharbeit, Scheinselbständigkeit und dann noch unser Familienleiden unter der Hartz-Versorgung. Ich frage mich, warum ich eigentlich noch immer bekennender SPD-Wähler bin, der allerdings zunehmend seine Zweitstimme der FDP gibt. Und zu allem Überfluss muss ich noch eine knapp 10%ige Kürzung der verbleibenden Rente hinnehmen, wegen des Vorbezuges mit 63. Jeder Leser kann sich jetzt mal selbst ausrechnen, wie man meine Rente herunter gerechnet hat und uns damit ruiniert. Das muss alles nicht sein. Vorne weg mal mit einem über die Lebensarbeit gerechteren Versorgungsausgleich, den man übrigens sogar per notarielle Vereinbarung ausschliessen kann, dann aber mindestens noch ein weiteres Jahr verheiratet sein muss. Das habe ich damals leider nicht gewusst, wie so vieles, was man uns in jungen Jahren per Gesetz versprochen, dann aber nicht eingehalten hat, weil einfach die Gesetze geändert wurden, vorzugsweise mit der Begründung „alternativlos“. Ich hätte locker um die 450 Euro mehr und keine 10%ige Kürzung, weil ich eben bis nahe an die Regelaltersgrenze heran gearbeitet hätte. Das wäre bei mir Juli 2019 gewesen, was ja auch schon 7 Monate mehr sind, als man mir beim Eintritt ins Berufsleben einstmals gesagt hat. Aber wie gesagt, was alles für diese Kanzlerin nicht alternativlos ist, das geht ja schon nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut. Zum Glück habe ich noch weitere Renten, sog. Betriebsrenten. Aber erstens werden die im gleichen Masse gekürzt wie die gesetzliche, und zweitens müssen dort die Krankenkassenbeiträge in vollem Umfang selbst getragen werden; das sind rund 18%, während es bei den gesetzlichen Renten (deutsche und schweizerische) nur die Hälfte ist.

Es dauert noch bis weit ins Jahr 2017 hinein, bis endlich alle Renten berechnet, beschieden und vor allem überwiesen sind. Da brauche ich dann schon wieder den grossen Sohn mit einem Überbrückungskredit von 3.000 Euro; das ist schliesslich kein Pappenstiel.

2016 ist auch das Jahr des grossen Sterbens vieler Rockstars aus meiner Jugendzeit. Besonders heftig erwischt es Emerson, Lake& Palmer (ELP). Keith Emerson, der geniale Keyboarder, begeht im März Suizid, und Greg Lake, der Bassist und Sänger, erliegt im Dezember einem Krebsleiden. Wer möchte, kann sich hier nochmal das letzte gemeinsame Konzert aus dem Jahr 2010 anlässlich des Londoner High Voltage Festivals anschauen.

Derweil kommt das 3. Weihnachten ohne Geschenke auf uns zu, allerdings noch mit einem Lichtblick: am 24.12. finde ich in der Post den Statusfeststellungsbescheid der DRV-Clearingstelle in Berlin vor, der mir in Bezug auf mein letztes Arbeitsverhältnis recht gibt. Allerdings sollte ich mich auch da zu früh gefreut haben, denn dagegen wird rechtlich mit allen Tricks vorgegangen, wie mir mehr als ein Jahr danach schmerzhaft klar wird. Also, den erhofften Geldsegen wird es noch lange nicht geben. Und so geht das Jahr zu Ende, welches mit Vollendung meines 63. Lebensjahres im Dezember meine endgültige Entsorgung aus dieser gnadenlosen Kapitalismus-Gesellschaft markiert, in einem Land, in welches ich nach dem grossen Krieg 1953 hoffnungsvoll hineingeboren wurde, welches einstmals stolz auf seine soziale Marktwirtschaft war, wovon es sich aber in den letzten 10-15 Jahren immer schneller entfernt hat. Einfach weggeworfen auf den Müll! Und so blicke ich zurück, schaue nochmal auf die Liste meiner Publikationen, betrachte mir den Ehrenpreis für die Nennung im Who’s Who in Science & Engineering und beschliesse dieses Kapitel mit zwei nachdenklichen Songs. Der erste ist von meiner ersten eigenen CD aus dem Jahr 1997, wurde aber von meinem damaligen Mitstreiter und Sänger Marcus Dörr geschrieben. Er heisst Can’t Decide und handelt von einem Loser, der keine Entscheidungen treffen kann. Eigentlich habe ich aber immer Entscheidungen getroffen, nur anscheinend immer die falschen! Und der letzte Song ist eine Remineszenz an meine Jugend und stammt ursprünglich von der Gruppe „Marmelade“ aus dem Jahr 1969. Der Sänger Dean Ford hat aber 2014 im Alter eine Neuaufnahme dieses nachdenklichen Stückes gemacht, in welcher der Inhalt eine ganz andere Bedeutung bekommt (Reflections of my Life)……..


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